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Wie baut man ein Bundesverfassungsgericht ?


Karlsruhe ist die Residenz des Rechts. Als Sitz des Bundesverfassungsgerichts ist unsere Stadt weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Dass Karlsruhe nach Gründung der Bundesrepublik zu dieser Ehre kam, war nicht selbstverständlich und es spielte sicherlich auch ein Quentchen Glück dabei eine Rolle. Aber das ist eine andere Geschichte.

Als das Bundesverfassungsgericht 1951 den Dienstbetrieb aufnahm, wurde es zunächst im Prinz-Max-Palais untergebracht. Diese stattliche Villa in der nördlichen Karlstraße war 1881 bis 1884 für den Unternehmer August Schmieder errichtet worden und diente später unter anderem als Wohnsitz des Prinzen Max von Baden, dem letzten Reichskanzler des Kaiserreichs.


Die räumlichen Verhältnisse dort waren für das Bundesverfassungsgericht von Anfang an suboptimal. Schließlich war das Palais als repräsentatives Wohnhaus und nicht als Gerichtsgebäude geplant worden. Schon 1959 wünschte sich der damalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Gebhard Müller, deshalb einen Neubau. Der sollte nach seinen Vorstellungen selbstverständlich an prominenter Stelle in der Stadtmitte errichtet werden, am besten direkt am Schlossplatz. Sogar einen Umzug ins ehemalige Residenzschloss hätte Müller sich vorstellen können. Letzteres war vermutlich nicht ganz erst gemeint, aber als die Stadt Karlsruhe sich zierte, den eigentlich schon für den Wiederaufbau des Staatstheaters vorgesehenen Standort am westlichen Schlossplatz für das neue Bundesverfassungsgericht freizugeben, fuhr Müller schweres Geschütz auf: Er drohte mit einem Umzug des Gerichts nach München, wo man eilfertig auch bereits ein Grundstück in Premiumlage direkt am Hofgarten zur Bebauung anbot.

Das wollte man in Karlsruhe natürlich nicht riskieren: Flugs hob man den bereits durchgeführten Architektenwettbewerb für das neue Staatstheater auf und beauftragte kurzerhand den Gewinner, den Berliner Architekten Paul Baumgarten, mit dem Neubau des Bundesverfassungsgerichts am Schlossplatz. Für das neue Staatstheater wurde am Ettlinger Tor ein anderer Standort gefunden.


Die Planung für das Bundesverfassungsgericht wurde der große Wurf des Architekten Baumgarten. Leicht und lichtdurchflutet sollte das Gebäudeensemble wirken, mit seiner offenen Bauweise sollte es demokratische Transparenz ausdrücken. Baumgarten war damit ganz auf der Höhe der Zeit: Mit seinen Architektenkollegen Sep Ruf und Egon Eiermann bildete er ein Dreigestirn, das die öffentlichen Gebäude der jungen Bundesrepublik prägte. Aus der Tradition des Bauhauses kommend schufen sie nüchterne, transparente Bauten, die in bewusstem Gegensatz stehen sollten zur Gigantomanie des Dritten Reiches und zum Pathos der wilhelminischen Staatsarchitektur.


Als Vorbild für den Neubau des Bundesverfassungsgerichts diente Baumgarten der Deutsche Pavillon auf der Brüsseler Weltausstellung von 1958. Dort hatten Sep Ruf und Egon Eiermann statt eines einzigen Gebäudes eine geschlossene Kette von acht kleineren Bauten aus Stahl und Glas geplant, die sich organisch der Umgebung anpassten. Diese Idee kam auch in Karlsruhe zur Anwendung: Um das große zentrale Sitzungsgebäude gruppieren sich vier kleinere, pavillonartige Bauteile, die durch einen 70 Meter langen, geraden Gang miteinander verbunden sind.

Die Fassaden der Pavillons werden bestimmt durch Glas, Holz und Stahl – vor allem aber durch die charakteristischen Platten aus Guss-Aluminium.



Paul Baumgarten (1900 - 1984) Foto: UdK Berlin


Dafür hatte sich Baumgarten eine besondere Schöpfung ausgedacht: Während des Abkühlungsvorgangs wurde bei jeder einzelnen Platte die Oberfläche des halbflüssigen Aluminiums mit einem Fön bearbeitet, so dass es eine wellige, unregelmäßige Struktur erhielt. Jedes dieser Fassadenbauteile ist somit ein Unikat.

Nach vierjähriger Bauzeit konnte das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr 1969 sein neues Domizil am Schlossplatz beziehen. Schon Anfang der Achtziger Jahre waren aber die Kapazitäten im Neubau erneut ausgeschöpft, so dass wieder der Wunsch nach einer räumlichen Erweiterung aufkam. Zunächst behalf man sich mit Umnutzungen vorhandener Gebäudeteile, so wurde etwa in den Neunzigern die Kantine des Bundesverfassungsgerichts – das sogenannte Casino – geschlossen um in dem zur Kunsthalle gelegenen Gebäudeteil weitere Büroräume zu schaffen.

Im Jahr 2007 wurde schließlich der Erweiterungsbau des Architekten Michael Schrölkamp errichtet. Dieses Projekt war von hitzigen Diskussionen begleitet, weil der Standort am Rand des Botanischen Garten sehr umstritten war. Man befürchtete, das harmonische Gesamtbild der denkmalgeschützten Gartenanlage würde durch das neue Gebäude Schaden nehmen. Nach der Fertigstellung des dreistöckigen Erweiterungsbaus mit einer begrünten Fassade zum Botanischen Garten beruhigten sich die kritischen Stimmen wieder. Seither ergänzt der Schrölkamp-Bau das von Paul Baumgarten geschaffenen Gebäude-Ensemble des Bundesverfassungsgerichts, mit dem es über einen Glasgang verbunden ist.

Und nun zur unserer heutigen Rätselfrage:

Anfang der Achtziger Jahre wurden für das Bundesverfassungsgericht Räumlichkeiten in einem anderen Gebäude angemietet, die bis heute genutzt werden. Um welches Gebäude handelt es sich dabei ?

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