Passend zum Beginn der 20er Jahre hat das Fernsehen mit der Serie „Babylon Berlin“ ein opulentes Sittengemälde dieser Dekade gezeichnet. Verbrechen, Politik und ein freizügiges Nachtleben waren prägende Elemente. Doch galt dies auch für Karlsruhe? Waren in der badischen Provinz die Sitten ebenso gelockert wie in der Reichshauptstadt? Mit dem Berliner Nachtleben konnte es Karlsruhe ganz sicher nicht aufnehmen, denn die Zahl der Vergnügungsstätten war recht überschaubar. Während beispielsweise Mannheim in den 20er Jahren immerhin mit acht Varietés aufwarten konnte, gab es in Karlsruhe ganze zwei dieser „Etablissements“.
Sozusagen das erste Haus am Platz war das „Colosseum“ in der Waldstraße. Schon Ende des 19. Jahrhunderts gegründet, machte das „Colosseum“ durch die ersten Filmvorführungen in Karlsruhe von sich reden. Während der Weimarer Republik bot das Theater ein überaus abwechslungsreiches Programm. Vom Oberbayrischen Bauerntheater reichte die Bandbreite über Operetten, Zaubershows und einer Inszenierung von Carl Zuckmayers seinerzeit höchst umstrittenen Stücks "Der fröhliche Weinberg" bis hin zu den überaus beliebten Revuen. „Tänze voller Erotik und Ekstase“, von einem „Nacktballett“ dargeboten – das hätten die gestrengen Zensoren während der Monarchie sicher nicht durchgehen lassen.
Dem Publikum gefiel es und auch den Rezensenten in der Lokalpresse: Die tänzerischen Darbietungen wurden als „ästhetische Sensation“ ebenso gelobt, wie Kostüme, „die sich selbst bei stärkster Scheinwerferbeleuchtung sehen lassen können“, schrieb die Karlsruher Zeitung, […] Stoffreichtum ist allerdings nicht das wichtigste daran“. Und so stellte der Rezensent denn auch fest: „Dass ihr Besuch sich nicht gerade für höhere Töchter eignet, ist bekannt“. Auch das Gastspiel des „Sport- und Kulturballetts“ der damals gefeierten Tänzerin Celly de Rheidt wurde mit spitzer Feder kommentiert: „Eine gewisse, ihr sogar schon aktenmäßig vom Gericht bestätigte Sensation“, die jedoch die Erwartungen nicht erfüllt habe, so der „Badische Beobachter“, „nachdem man sich an die gegen sonst noch etwas spärlichere Bekleidung gewöhnt hat.“
Blick in die Säle des Colosseums (Bild 1) und des Apollo-Theaters (Bild 2)
Zum „Colosseum“ gesellte sich das „Apollo-Theater“ in der Marienstraße. Letzteres entstand 1913 aus einem Kino und wurde 1929 wiederum zum Kino, der noch heute existierenden „Schauburg“. Das Programm dort war ähnlich abwechslungsreiche: Vom Tanzabend der Bäcker-Gehilfen über Versteigerungen und dem Gastspiel des Kabaretts „Blaue Blusen“ aus Moskau bis hin zu Amateur-Boxkämpfen, der Vorführung dressierter Hyänen und dem Aufritt von „Norma, der Höllenfürst, bester Kautschuk-Akrobat der Gegenwart“. Daneben wurden die Säle auch für andere Veranstaltungen genutzt, wie etwa im „Apollo“ für Versammlungen der Eisenbahner-Gewerkschaft und des Reichsbankgläubiger-Verbands oder im „Colosseum“ für Mieterversammlungen und den „Deutschen Abend“ der NSDAP-Ortsgruppe „zur Begrüßung unseres aus dem Gefängnis entlassenen Gauleiters Robert Wagner“.
Beide Theatersäle wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört. Während die „Schauburg“ im Stil der 50er Jahre wieder aufgebaut wurde, befindet sich an der Stelle des „Colosseums“ in der Waldstraße heute ein Parkhaus mit Supermarkt. Auch die anderen, in den 20er Jahren sehr beleibten Vergnügungslokale sind aus dem Stadtbild verschwunden, wie etwa die berühmt-berüchtigte „Blaue Grotte“ im Dörfle, die „Künstlerspiele Excelsior“ auf der Nordseite des heutigen Kronenplatzes, oder das „Café Bauer“ in der Lammstraße.
Die Bilder zum heutigen Beitrag stammen mit freundlicher Genehmigung des Stadtarchivs aus der Ausstellung "Charleston und Gleichschritt" im Stadtmuseum Karlsruhe. Diese ist derzeit aufgrund der Corona-Verordnung geschlossen, aber als kleinen Vorgeschmack gibt es online einen Rundgang.
Und nun zu unserer heutigen Rätselfrage:
Das "echte" Colosseum in Rom hieß in der Antike Amphitheatrum Flavium. Worauf verweist der Name?
o auf den Architekten
o auf die Dynastie, die zur Zeit des Baus in Rom herrschte
o auf den Bankier, der die Kredite zum Bau des Theaters gab
-------------------------------------------------------------------------------------------------------------Lösung von gestern:
Die USA annektierten die Inselgruppe Hawai’i am 7.Juli 1898. Aber erst im Jahr 1959 erhielt Hawai’i die vollen Rechte eines US-Bundesstaats und wurde als 50. Gliedstaat in die USA aufgenommen.
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