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AutorenbildGeorg Hertweck

BMD: Aufstieg und Niedergang eines Traditionsunternehmens

Wer vom Bahnhof Durlach die Pfinztalstraße Richtung Altstadt geht, wird linker Hand ein großes blaues Gebäude bemerken. Noch, muss man sagen, denn seine Tage sind gezählt. Der jüngst von der Stadt beschlossene Abriss des Gebäudes lenkt die Aufmerksamkeit auf das Areal dahinter, wo sich einst mit der Badischen Maschinenfabrik Durlach, kurz BMD, eines der Traditionsunternehmen der Markgrafenstadt erstreckte. Von hier aus gingen Spezialmaschinen aller Art auf die Reise und trugen damit den Namen Durlach fast in die ganze Welt,


Firmengründer Johann Georg Sebold

„Aeltestes und bedeutendstes Werk der Branche. reichste Erfahrungen in Ausführung überseeischer Anlagen. Spezialitäten: Sämmtliche Maschinen zur Zündholz- und Zündholzschachtel-Fabrikation. Filterpressen 'Patent Beeg', vollkommendstes System der Neuzeit!". So warb 1900 die Badische Maschinenfabrik im Reichsadressbuch für ihre Produkte und damit war noch nicht einmal die gesamte Bandbreite aufgezählt. Denn in den Werkshallen wurden mit großem Erfolg auch Gießereimaschinen und Anlagen für Gerbereien produziert.

Den Grundstein für den Aufstieg des Unternehmens bildeten aber in der Tat die Zündholzmaschinen. Hierfür hatte der aus Zell am Main stammende Firmengründer Johann Georg Sebold 1855 ein Patent erworben und zwei Jahre später in Durlach eine Werkstatt eröffnet. Ab 1866 baute Sebold das spätere Firmenareal auf, zu dem auch eine eigene Gießerei zählte. Diese leitete später sein Schwiegersohn Friedrich Neff, weshalb die Firma „Sebold & Neff“ hieß, ehe 1880 die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft erfolgte.



Während Sebold eher ein kreativer Erfinder als ein nach Erfolg strebender Geschäftsmann war, sorgte die neue Firmenleitung für massive Expansion. Von den 30 Mitarbeitern der Anfangszeit stieg die Belegschaft auf 397 im Jahr 1903 und 1.137 Beschäftigten im Jahr 1923. Im Gegensatz etwa zu der benachbarten Nähmaschinenfabrik Gritzner, die in den 20er Jahren über die Hälfte der Belegschaft entlassen musste, kam die BMD gut durch die Wirtschaftskrisen. Sie war zu einem wahren „global player“ mit Kunden in ganz Europa, in Indien, Iran und Brasilien geworden. 1909 berichtete das Durlacher Wochenblatt sogar über den Transport von 120 Tonnen Gerbereimaschinen auf acht Eisenbahnwaggons bis nach China.



Bild 1: Verladung von Maschinen auf Eisenbahnwaggons. Die BMD hatte einen eigenen Gleisanschluss an den Durlacher Bahnhof

Bild 2: Der "Durlachautomat" - eine Zündholzmaschine der BMD. (Foto aus dem Schweizer Zündholzmuseum)

Bild 3: Aktie der BMD

Bild 4: Kalbskopf-Spaltmaschine (aus einem Werbeprospekt der BMD)


In den 20er Jahren endete allerdings die Selbständigkeit der BMD. 1929 übernahm die schwedische "Svenska Tändsticks Aktiebolaget" des legendären „Zündholzkönigs“ Ivar Kreuger das Unternehmen. Kreuger erhielt ein Monopol für Zündwaren in Deutschland (im Gegenzug für dringend benötigte günstige Kredite für das Deutsche Reich nach der Weltwirtschaftskrise 1929) und die BMD lieferte die passenden Produktionsmittel. So wurde denn auch 1962 mit 1.300 Beschäftigten der absolute Höchststand erreicht, ehe ein langsamer Abstieg einsetzte, weil die Nachfrage nach Spezialmaschinen stetig zurückging. Zuerst wurde in den 70er Jahren die Gießerei geschlossen, bis nach mehreren Eigentümerwechseln 2002 endgültig die Produktion auf dem Firmenareal zu Ende ging. Der Name besteht indessen bis heute weiter in Gestalt der „BMD Foundry Technology“ in Sternenfels (Enzkreis), die auch einige Produktlinien des Durlacher Traditionsunternehmens übernommen hat.

Das Areal der ehemaligen BMD heute: Bild 1 ehemaliges Verwaltungsgebäude, Bild 2 neue Nutzung der Werkhallen, Bild 3 ehemaliges Sozialgebäude (heute "Grüner Krebs", Bild 4 Montagehalle mit dem ehemaligen Gleisanschluss an der Pforzheimer Straße)


Auf dem nunmehr brachliegenden Gelände zwischen der Pfinztal-, Pforzheimer und Pfinzstraße zog nach und nach neues Leben ein. Wo einst die Gießerei war, stehen nun neue Bürogebäude, während die zuletzt noch genutzten Montagehallen eine Vielzahl kleinerer Unternehmen beherbergen. Ein besonderes Schmuckstück ist das ehemalige Kantinen- und Sozialgebäude geworden, wo heute das Einrichtungs-Kaufhaus „Grüner Krebs“ sein Domizil hat. Wer beim Möbelkauf genau aufpasst, kann in manchen Räumen sogar noch Spuren der alten Duschen erkennen. Weniger erfolgreich war dagegen die Umwandlung des aus den 50er Jahren stammenden Verwaltungsgebäudes in das Gründerzentrum „P 90“. Nachdem die letzten Mieter ausgezogen sind, soll das sanierungsbedürftige Bauwerk nun abgerissen werden. Der Umbruch auf dem Sebold-Areal ist noch immer nicht zu Ende.


Und nun zu unserer heutigen Rätselfrage:

In welchem Jahr lief in der Bundesrepublik Deutschland das Monopol auf Zündwaren aus?


a) 1954

b) 1968

c) 1977

d) 1983



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Lösung von gestern: Im Jahr 1982 wurden für die Verwaltung des Bundesverfassungsgerichts weitere Räumlichkeiten im Westflügel des Schlosses angemietet. Es handelt sich um das ehemalige Küchengebäude des Schlosses, das sich in der direkten nördlichen Verlängerung des Bundesverfassungsgerichts befindet Dieses wurde durch einen unteriridischen Gang mit dem Gericht verbunden, so dass man trockenen Fußes vom Bundesverfassungsgericht zu den Räumlichkeiten im ehemaligen Küchengebäude gelangt.

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