Heute begeben wir uns ans andere Ende der Stadt auf den Alten Friedhof an der Kapellenstraße. Denn eigentlich hätten heute ohne Corona zwei Friedhofsführungen stattfinden sollen... Während die Viktoria am Kaiserdenkmal der Metallsammlung des 2. Weltkriegs zum Opfer fiel, ist die Viktoria auf dem Alten Friedhof noch präsent.
Nur das, was sie dem sterbenden Krieger des 1870/71er Kriegs vor Augen hält, damit er im Todeskampf auch weiß, wofür er den Heldentod stirbt, hat den Weltkrieg nicht überlebt: Der Lorbeerkranz ist Viktorias Hand entglitten...
In der Nähe der Gruftenhalle findet sich eine weitere Skulptur: Ein Engel schmückt den Gedenkstein für die Opfer des Theaterbrandes 1847. Nach dem großen Brand in Hamburg 1842 hatte kein anderes Feuer in Deutschland so viel Aufmerksamkeit erregt. An der Stelle, an der sich heute das Bundesverfassungsgericht befindet, stand der Theaterbau von Weinbrenner. Nur gut zwei Monate nach Einführung der innovativen modernen Gasbeleuchtung entzündete eine schadhafte Gaslampe in der Markgrafenloge eine leicht brennbare Draperie. Während sich die Menschen aus dem Parkett und den beiden unteren Galerien relativ problemlos retten konnten, wurde die oberste Galerie zur Todesfalle: Denn von den vier Türen, die auf das Foyer führten, waren kurz zuvor bei Umbaumaßnahmen drei verschlossen und vernagelt worden, um Kosten für das Kontrollpersonal zu sparen. Tragisch war auch, dass Löschwasser und Löschgeräte fehlten und die Lösch- und Rettungsmaßnahmen völlig unkoordiniert abliefen. Nur die Durlacher Wehr konnte nach ihrem Eintreffen zumindest das Übergreifen des Feuers auf weitere Gebäude verhindern. Mindestens 65 Menschen starben, vor allem Lehrlinge, Gesellen, Tagelöhner und Dienstmägde zwischen 15 und 25 Jahren, die sich nur die billigen Plätze auf der obersten Galerie hatten leisten können. In den Gedenkstein sind alle Namen der Toten und ihr Lebensalter eingemeißelt. Folge der Katastrophe: Wenige Wochen später wurde die freiwillige Feuerwehr in Karlsruhe nach Durlacher Vorbild gegründet.
Spaziert man auf dem Friedhof weiter, stößt man auf die Überreste des folgenden Ensembles:
Foto 1958 (StadtAK8/PBSoXIVb950)
Das mittlere Grab existiert noch heute, das linke ist etwas seitlich versetzt worden und das rechte ist oberirdisch nicht mehr existent, sondern nur noch im Untergrund. Es handelt sich um das Grab von Friedrich Weinbrenner, den klassizistischen Stadtgestalters Karlsruhes. 132 Jahre ruhte er hier friedlich, bis 1958 sein Grab als Depot für Diebesgut, nämlich gestohlene Bleikabel, zweckentfremdet wurde. Dies war der Anlass zur Überführung der sterblichen Überreste in die Krypta der Evangelischen Stadtkirche am Marktplatz. Auch wenn die Krokuszeit schon vorbei ist, hier ein Photo vom Alten Friedhof Ende Februar:
Eine der schönsten Krokuswiesen in ganz Karlsruhe! Ein Besuch 2021 lohnt sich.
---------------------------------------------------------------------
Lösung von gestern:
Der Kaiserliche Reiter ist auf dem Kaiserplatz beim Mühlburger Tor zu finden.
Comments