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Der Engländerplatz

Ein Bolzplatz? Was ist denn hier die Sehenswürdigkeit?


Natürlich wissen die Sportler unter Ihnen gleich Bescheid. Hier handelt es sich um den ursprünglich runden „Engländerplatz“, dessen Bedeutung für die frühe deutsche Fußballgeschichte gar nicht überschätzt werden kann. Er war nicht nur der erste Karlsruher Fußballplatz, sondern einer der ersten in ganz Süddeutschland. Die Karlsruher Bürger benannten den Platz nach den englischen Schülern, die sich hier in ihrer Freizeit sportlich betätigten, erst 1913 erhielt er offiziell den Namen „Engländerplatz“. (Foto: davernos)

Eng verbunden mit diesem Platz ist der Name des Fußballpioniers Walther Bensemann, „der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte“, (so der Titel einer Biographie von Bernd-M. Beyer). Der 16-jährige Gymnasiast am Bismarck-Gymnasium hatte in seiner Internatszeit in Montreux (Schweiz) von englischen Mitschülern das Fußballspiel kennen gelernt und machte sich mit Eifer daran, es nach seinem Umzug nach Karlsruhe 1889 auch hier bekannt zu machen. Den Ball, den er dazu brauchte, ließ er sich übrigens auf dem Postweg aus der Schweiz zuschicken. „Gleich am ersten Tag musste in der Unterrichtspause ein Fenster des Gymnasiums daran glauben“, erinnert sich Bensemann später. Um weiteren Ärger mit dem Direktor zu vermeiden, zogen die begeisterten Kicker zum „kleinen Exerzierplatz“, dem heutigen Engländerplatz an der Moltkestraße weiter, um künftig dort dem Ball hinterherzulaufen. Als Umkleidekabine diente ein Übungsturm der Karlsruher Feuerwehr neben dem Platz. Ganz unproblematisch war das Spiel auf dem Engländerplatz jedoch nicht, weil die gutsituierten Karlsruher Bürger es nicht lassen konnten, auch während der Spiele den Fußweg zu benutzen, der quer über den Platz führte.


Bild von Egon Itta zu Walther Bensemanns 60. Geburtstag mit idealisierender Darstellung des Engländerplatzes um 1890, 1933, aus Bernd-M. Beyer: Der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte, Göttingen 2003, nach S. 464.





Mehrere Fußballvereine trugen in den Jahren bis etwa 1910 hier ihre Spiele aus, weshalb es auch immer wieder zu Streit um Nutzungszeiten kam. Am 28. November 1899 verpasste der Engländerplatz das Ereignis, das zum größten Moment seiner Geschichte hätte werden können: In Karlsruhe fand eines der sogenannten Ur-Länderspiele statt. (Das sind die Länderspiele, die NICHT vom erst 1900 gegründeten DFB organisiert wurden). Die deutsche Mannschaft bestand mehrheitlich aus Karlsruher Spielern, unter Ihnen auch ein enger Freund von Walther Bensemann, nämlich Ivo Schricker, der spätere FIFA-Generalsekretär. Nach internen Streitigkeiten wurde der Platz vom KFV-Vorsitzenden Nohe nicht freigegeben, so dass das Spiel notgedrungen auf dem großen Exerzierplatz im Hardtwald statt finden musste. Als Tribüne wurden Pritschenwagen einer Spedition heran gekarrt. Die Gäste aus England siegten mit 7:0, was aber für den damaligen Entwicklungsstand des deutschen Fußballs ein durchaus respektables Ergebnis war.


Walter Bensemann war ein rastloser Verfechter seines Sports. Von Anfang an war ihm die internationale Verständigung durch den Fußball ein wichtiges Anliegen. Er war nicht nur an der Gründung des DFB beteiligt, sondern auch an unzähligen, vor allem süddeutschen, Vereinen wie Eintracht Frankfurt oder FC Bayern München, bevor er 1920 mit der Gründung des Magazins „Der Kicker“ seine Karriere als Journalist fortsetzte. Die Titelseite der Ausgabe Nr.1 des „Kicker“ schmückten die Fotos zweier Karlsruher Vereine aus der Zeit, als Karlsruhe neben Berlin die deutsche Fußballhauptstadt war.

Der Engländerplatz diente ab 1945 als Zwischendeponie für die Trümmer der Innenstadt des Zweiten Weltkriegs. Die Schuttberge sollen sich zeitweise bis zu einer Höhe von fast 10 Meter getürmt haben. 2006 wurde der Platz umgebaut und im Zuge des Neubaus der Hochschul-Mensa in der Moltkestraße um 90 Grad gedreht. Aber auch nach 130 Jahren wird hier noch immer Fußball gespielt, auch wenn sich nicht alle Kicker über die historischen Bedeutung dieses Platzes bewusst sind.

Aber nun zum Rätsel:

In der Anfangszeit schossen Fußballvereine in Karlsruhe wie Pilze aus dem Boden. Der FC Phönix 1894, der 1952 im KSC aufging, war nur einer von Ihnen. Wie aber hieß der allererste, natürlich von Walther Bensemann gegründete Fußballverein in Karlsruhe?

a) International Footballclub

b) Karlsruher Fußballverein (KFV)

c) Karlsruher Kickers


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Lösung von gestern: Die erste Soda-Brücke kostete den Steuerzahler ca. 130.000 Euro.

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