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Die Krankheit - ein Ungeheuer!

Aktualisiert: 24. Juni 2020

In diesem Beitrag geht es um Krankheit, Heilung, Hygiene, Wachsamkeit und Weitblick - und nein, es wird kein Artikel zu Corona bzw. Covid-19 (übrigens eine Abkürzung für "Corona Virus disease 2019"). Auch wenn die Schlagwörter durchaus passen würden. Stattdessen gehen wir 120 Jahre zurück, beschäftigen uns aber auch nicht mit früheren Pandemien (das wird ein eigener Beitrag), sondern mal wieder mit einem Fassadenprogramm. Sie dürfen bei Ihrem nächsten Innenstadtbesuch also erneut nach oben schauen! Und zwar an der Ecke Kaiserstraße und Waldstraße - denn dort steht die Hofapotheke. 1900-01 von Hermann Billing für den Apotheker Friedrich Stroebe gebaut und zwar mit einem auf die Nutzung abgestimmten Figurenprogramm. An der Kaiserstraße können Sie die Krankheit selber entdecken, hier als drohendes schreckliches Ungeheur, dargestellt. Dieses Bild ist sicher gut nachvollziehbar, schon gar in Zeiten wie diesen. Allerdings, und das gibt Hoffnung, scheint sie im Würgegriff einer Schlange zu sein (zur Symbolik der Schlange siehe unten).


Wer kann der Krankheit Einhalt gebieten? Na klar, die Götter, in diesem Fall die griechischen! Hier sehen Sie laut Literatur Asklepios (oder Appolon?) und Hygieia die Last der Krankheit bzw. des Erkers tragen.


Asklepios ist der Gott der Heilkunst, im Deutschen auch unter dem Namen Äskulap bekannt, ein Sohn von Apollon. Allerdings halten wir vergeblich nach dem Äskulapstab Ausschau, ein von einer Schlange umwundener Stab, heute das Symbol des ärztlichen und pharmazeutischen Standes. Statt einer Schlange hält der Gott eine Eidechse auf den Armen. Auch irritiert das jugendliche Aussehen von Asklepios, der normalerweise als alter Mann mit Bart dargestellt wird.


Handelt es sich vielleicht doch um einen anderen Gott der Heilkunst, nämlich um Apollon selber? Der war nämlich nicht nur für die schönen Künste wie Musik, Gesang oder die Dichtkunst zuständig, sondern auch für die Heilkunst. Und in der griechischen Mythologie wird laut dem Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte die Eidechse dem Apollo zugeordnet, die als magisches Heilmittel gegen jede schwere Krankheit galt. Und: Apollon wird immer als gutaussehender junger Mann dargestellt, eben als richtiger Apoll. Von daher sehe ich hier weniger Asklepios als vielmehr Apollon im Kampf gegen die Krankheit im Einsatz. Oder vielleicht beide in einer Person? Betrachten wir es mal so: doppelt genäht hält besser, schließlich werden gegen Covid-19 ja auch verschiedenste Impfstoffe entwickelt...

Links über Apollons Po ist gut der Fuß der Echse zu sehen, womit der Beweis erbracht ist, dass es sich hier nicht um eine Schlange, sondern eben um eine Eidechse handelt.


Hygeia, die Tochter des Asklepios und somit Enkelin von Apollon, ist die Göttin der Gesundheit und somit Gegenspielerin des Ungeheuers Krankheit. Sie gilt als Schutzpatronin der Apotheker.

Meist wird sie mit einer aus einer Schale trinkenden Schlange (so wie hier) oder einem Füllhorn voller Früchte dargestellt. Ihr Name bedeutet im Altgriechischen "Gesundheit". Das Wort Hygiene ist von dem dazugehörigen Adjektiv hygieinós (= der Gesundheit dienlich) abgeleitet. Eine Hygeia findet man in Karlsruhe übrigens noch einmal als Brunnenfigur vor dem Vierordtbad am Festplatz.


Fehlt nur noch Hygeias Schwester Panakeia, die Göttin der Medizin und Zauberei. Dann wäre das gesamte medizinische Personal anwesend, das zu Beginn des Eids des Hippokrates genannt wird: „Ich schwöre bei Apollon, dem Arzt, und Asklepios, Hygeia, Panakeia sowie alle Götter und Göttinnen als Zeugen anrufend …“


Und was symbolisiert die Schlange? Im antiken Griechenland galt die Schlange als heilig. Die regelmäßigen Häutungen interpretierte man als ständigen Akt der Verjüngung, so dass man die Schlange als unsterblich ansah. Aus Schlangenfleisch wurden Pharmaka hergestellt. So stand die Schlange für Heilkraft und wurde schließlich zum Symbol für Mediziner und Apotheker.


Zur Waldstraße hin befinden sich im Zwischenstockwerk über den Verkaufsräumen der Apotheke die halbrunden Fenster des Apothekenlabors. Flankiert werden Sie von vier Vögeln, die die Eigenschaften symbolisieren, die ein guter Apotheker mitbringen sollte:

Der Pelikan (links) steht für die Fürsorge. Denn nach dem Volksglauben füttert der Pelikan seine Jungen mit dem eigenen Brustfleisch oder Blut. Er opfert sich also in Fürsorge für seine Jungen auf. Grundlage für diesen Irrglauben ist möglicherweise die Tatsache, dass die Jungen des Pelikans sich den von den Eltern hochgewürgten Nahrungsbrei tief aus deren Kehlsack holen, was den Eindruck erweckt, sie würden sich am Brustfleisch nähren.


Der Kranich (rechts) steht seit der Antike für Vorsicht, Wachsamkeit und sorgfältiges Handeln. Sein rechtes Bein hat er erhoben, denn er hält einen Stein in seiner Klaue, damit er im Falle des Einschlafens sogleich vom Geräusch des fallenden Steines geweckt würde.


Die beiden Vögel des zweiten Fensters sind in Ihrer Symbolik offenkundiger: Die Eule (rechts) verkörpert die Klugheit, der Adler (links) Weitblick und Stärke.


Zum Schluss bleibt die Frage: Sollte man diese vier Symbolvögel vielleicht auch am Reichstagsgebäude und den 16 Landtagen anbringen?


Und: Schauen Sie sich mal die phantastischen alten Fenster des Gebäudes mit unterschiedlichsten Sprossungen an!


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Die Frage des Tages ist heute auch eine tierische: Aus welchen Tieren setzt sich eigentlich das badische Wappentier, der Greif zusammen?

a) Adler und Löwe

b) Kranich und Tiger

c) Falke und Panther

Und welche Eigenschaften symbolisiert er damit?

Und wohin ist der Greif vom Grenadierdenkmal am Europaplatz hingeflogen?

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