Ein Pionier der Nachrichtentechnik

Wir schreiben den 13. Dezember 1794, als sich in Karlsruhe Revolutionäres ereignete. Anders als im benachbarten Frankreich, wo fünf Jahre zuvor eine Revolution die Monarchie hinweggefegt hatte, erfreute sich in Baden der Landesherr nach wie vor der Zuneigung seiner Untertanen. An jenem 13. Dezember war sie wahrscheinlich sogar noch etwas größer, denn Karl Friedrich hatte Geburtstag und zur Feier des Tages war er eine der Hauptpersonen bei besagtem revolutionären Ereignis. Ein politischer Umsturz konnte es also schon mal nicht gewesen sein, aber was dann? Es handelte sich um eine aufsehenerregende Neuerung in der Nachrichtentechnik: Das erste Telegramm in Karlsruhe wurde verschickt – und zwar mit Geburtstagsgrüßen an den Markgrafen.
Moment mal, werden technikhistorisch interessierte Leser einwenden, wie sollte denn schon Ende des 18. Jahrhunderts ein Telegramm verschickt werden, wo doch die Elektrotechnik noch ganz am Anfang stand?
Nun, dieses Telegramm bedurfte keinerlei Elektrizität, denn es wurde mit einem optischen Telegrafen übermittelt. Der kluge Kopf, der hinter dieser Innovation steckte, hieß Johann Lorenz Böckmann. 1741 in Lübeck geboren, kam der Physiker und Mathematiker als Professor an das Karlsruher Gymnasium und avancierte 1798 sogar zum Geheimen Hofrat. Böckmann war vielseitig interessiert, er richtete für den Markgrafen ein physikalisches Kabinett ein, gründete das badische meteorologische Institut, korrespondierte unter anderem mit Benjamin Franklin über Blitzableiter und widmete sich als einer der ersten deutschen Gelehrten der optischen Telegraphie.

Allerdings war Böckmann nicht der Erfinder der auch Semaphore genannten neuen Technik. Dieses Verdienst gebührt dem französischen Priester Claude Chappe, der ab 1792 in den Wirren der Revolution die ersten Nachrichtenverbindungen aufgebaut hatte. Mittels schwenkbarer Signalarme, die auf Türmen installiert wurden, konnte man Buchstaben-Codes innerhalb kurzer Zeit und über weite Strecken übermitteln. Rasch erkannten vor allem Militärs, darunter auch Napoleon Bonaparte, die Vorzüge der neuen Technik, denn je schneller Informationen über gegnerische Truppenbewegungen kommuniziert wurden, desto größer war der strategischen Vorteil.