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Mit der Brückenhexe über den Rhein


Die Karlsruher Rheinbrücke ist berühmt-berüchtigt als reparaturanfälliges Verkehrs-Nadelöhr zwischen Baden und der Pfalz. Seit vielen Jahren wird deshalb über eine zweite Brücke gestritten und prozessiert; ob und wann sie errichtet werden wird, steht in den Sternen. Aber dazu wollen wir heute keinen weiteren Diskussionsbeitrag leisten, sondern uns einmal mit den Vorgänger-Bauten der heutigen Rheinbrücke befassen.


Eine Rheinbrücke gibt es auf der Höhe von Knielingen erst seit 1840. Dabei handelte es sich um eine Pontonbrücke, die für die Rheinschifffahrt geöffnet werden konnte: Dazu wurde eine Holzbohlenfahrbahn auf einer Länge von 243 Meter auf 36 Pontons montiert. Die Kosten für das Brückenbauwerk teilten sich das Großherzogtum Baden und das Königreich Bayern, zu dem die Rheinpfalz damals gehörte.


In den 1850er Jahren plante die Stadt Karlsruhe eine Eisenbahnanbindung zum damaligen Rheinhafen bei Maxau. Dazu wurde eine knapp zehn Kilometer lange Bahnlinie vom alten Karlsruher Bahnhof an der Kriegsstraße am Dorf Knielingen vorbei bis zum Rhein gebaut und im Jahr 1862 eröffnet. Vorher hatte die Stadt Karlsruhe mit der Bayerischen Pfalzbahn eine Übereinkunft über den Bau einer Eisenbahnbrücke über den Rhein geschlossen, um eine durchgehende Eisenbahnverbindung von Karlsruhe in die Pfalz zu schaffen. Dafür sollte die vorhandene Straßenbrücke entfernt und stattdessen eine Eisenbahnschiffsbrücke entstehen.


Die Planungen für den Brückenbau stammten vom Konstrukteur E. Basler, seines Zeichens Oberingenieur bei den Pfälzischen Bahnen. Er schuf ein damals viel bestauntes technisches Wunderwerk: die erste Eisenbahnschiffsbrücke in ganz Europa! Sie verfügte über ein einspuriges Gleis und eine Fahrspur für den Straßenverkehr. Die Brücke ruhte auf 34 schwimmenden Pontons, war 12 Meter breit und hatte eine Länge von 363 Meter. Oberingenieur Basler wurde dafür auf der Pariser Weltausstellung von 1867 mit einem Ehrenpreis bedacht.

Im Vordergrund die Schiffsbrücke von 1862; im Hintergrund die feste Brücke von 1938.


Die Schiffsbrücke hatte aber auch handfeste Nachteile: Zum einen war ihre Tragfähigkeit beschränkt, so dass die Züge von einer eigens dafür konstruierten leichten Kleinlokomotive über die Brücke gezogen werden mussten, der sogenannten "Brückenhexe". Vor und nach der Überfahrt war also jeweils ein Lokwechsel erforderlich. Lange Züge, die besonders schwer waren, mussten sogar in Einzelteile zerlegt werden, jeweils separat die Brücke überqueren und am anderen Ufer wieder zusammengesetzt werden. Zum anderen war die Brücke für die Eisenbahn und auch den Individualverkehr nicht passierbar, wenn sie geöffnet wurde, um die Rheinschiffe passieren zu lassen.

Auch Hochwasser und Eisgang setzten der Schiffsbrücke zu. Und so gründete sich im Jahr 1912 in Karlsruhe ein „Verein zur Förderung des badisch-pfälzischen Verkehrs durch die Erstellung einer festen Rheinbrücke bei Maxau“. Der 1. Weltkrieg und der wirtschaftliche Niedergang in den 1920er Jahren verzögerten aber die Realisierung des Projekts. Erst im Jahr 1938 wurde zunächst eine feste Straßenbrücke und dann auch eine feste Eisenbahnbrücke eröffnet. Beiden Bauwerken war indes keine lange Lebensdauer vergönnt; am 20. März 1945 sprengten deutsche Pioniere die Maxauer Brücken, um das Vordringen der Alliierten über den Rhein zu verhindern. Schon 1947 wurden sie aber behelfsmäßig wieder errichtet und wie das mit Provisorien so ist, erwiesen sie sich als recht langlebig. Erst im Jahr 1966 wurde die noch heute bestehende neue Straßenbrücke über den Rhein für den Verkehr frei gegeben. Die Eisenbahnbrücke von 1947 wurde sogar noch länger genutzt und erst 1991 durch eine neue ersetzt.


Die oben gezeigten Abbildungen stammen aus dem Fundus des sehr sehenswerten Knielinger Museums im Hofgut Maxau. Dort kann auch das Modell der Eisenbahn-Schiffsbrücke bewundert werden.



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