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Neptun in der Unterwelt

Aktualisiert: 20. Apr. 2020


Neptun-Kopf

Kenner der römischen Mythologie werden jetzt sofort Einspruch erheben. Neptun war doch der Gott des Wassers, während der für die Unterwelt zuständige Kollege Pluto hieß. Das ist natürlich korrekt, aber Karlsruhe hatte einst Neptun tatsächlich in die Unterwelt geschickt. Inzwischen hat er jedoch längst das Tageslicht erblickt, wenn auch ein eher verschattetes. Die Rede ist von dem Neptun-Brunnen, der in einer Mauernische bei der Majolika zu finden ist. Diese wiederum liegt jenseits des Schlossgartens und so hätten wir schon mal einen Tipp für den nächsten Spaziergang abseits derzeit gesperrter Gefilde.


Ein wenig trostlos wirkt die bärtige männliche Figur ja schon an ihrem etwas versteckten Platz im Grünen. Wasser fließt keines mehr aus dem Mund, übermütige Besucher haben gar der Skulptur eine Art Kriegsbemalung verpasst, eigentlich wäre es mal wieder Zeit für eine Auffrischung des alten Knaben. Wenigstens haben die Stadtwerke eine kleine Hinweistafel spendiert, auf der die ungewöhnliche Vergangenheit des Brunnens erläutert wird. Dieser Neptuns-Kopf war tatsächlich einmal in der Unterwelt und zwar in einer der ersten Fußgänger-Unterführungen überhaupt, die in Karlsruhe erbaut worden war. Diese befand sich auf dem heutigen Friedrichsplatz, der seinerzeit noch Teil des Erbprinzengartens war. Als 1801 die Erbprinzenstraße gebaut wurde, schnitt diese den nördlichen Teil des Gartens ab. Damit nun die hohen Herrschaften, welchen der Park zur Verfügung stand, sich beim Lustwandeln nicht etwa unter das gemeine Volk mischen mussten, entsann der Architekt Friedrich Weinbrenner eine besondere Lösung, den „Communicationsgang“.


Bild 1: Plan des Erbprinzengartens vor 1860. rechts unten ist der Durchgang als gestrichelte Doppellinie unter der Straße zu sehen

Bild 2: Zwei Ansichten der Unterführung, die Weinbrenner als Gesamtkunstwerk gestaltet hatte

Bild 3: Heute Situation an der Stelle der alten Unterführung neben der Kreuzung Erbrinzen- und Lammstraße


Die unterirdische Verbindung der beiden Parkhälften war indessen weit mehr als eine zweckdienliche Unterführung, sondern vielmehr ein aufwändiges Gesamtkunstwerk im Stile einer Tropfsteinhöhle mit Bänken und Skulpturen. Eine davon war inmitten des Durchgangs der vermutlich von dem Bildhauer Tobias Günther geschaffene Neptunsbrunnen. Das von Weinbrenner erwähnte „anmuthige Rauschen“ erklang allerdings nur zu besonderen Anlässen, musste der Brunnen doch durch eine aufwändige Anlage per Handpumpe gespeist werden.1866 nahte dann das Ende des Gesamtkunstwerks. Das heutige Naturkundemuseum wurde gebaut, so dass der nördliche Teil des Gartens zum Friedrichsplatz umgestaltet und der Durchgang zugeschüttet wurde. Übrig blieb nur der Neptunkopf, der in der Mauer des Hof-Wasserwerks eine neue Bleibe fand. Zwar haben die Stadtwerke den Brunnen an einer Wasserleitung angeschlossen, doch von der Aura eines antiken Quell-Heiligtums, das Weinbrenner und Günther einst in der dämmrigen Grotte geschaffen hatten, ist heute nicht mehr viel übrig geblieben.


Der Neptun-Brunnen in seiner heutigen Gestalt


Die Frage des Tages:

Wie hieß der Erbprinz, der 1801 den Auftrag zum Bau der ersten Karlsruher Fußgängerunterführung gegeben hatte?

o Karl Ludwig

o Friedrich Wilhelm

o Leopold Maximilian


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Lösung von gestern:

Die zweite Antwort ist richtig. Den beiden anderen Durlacher Mühlen wurde Ende der 1920er Jahre buchstäblich das Wasser abgegraben, weil die Pfinz verlegt wurde. Kurz darauf brannte die Mittelmühle ab, während die Untermühle noch heute als Torso fernab des Wasserlaufs in der nach ihr benannten Untermühlsiedlung steht.

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